Ursprung und Gründungsphase
 
Eigentlich wollte der an den Universitätskliniken in Mainz als Neurochirurg wirkende Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Voth keinen Verein gründen. Als Cord Voigt von Velthaim, so sein Autorenpseudonym, war er mit sprachlich und inhaltlich ausgewählter Jagdbelletristik seinem Leserpublikum bekannt geworden. Der Mediziner fühlte sich offenbar einsam in einer immer kleiner werdenden Welt von Autoren mit jagdthematischen Beiträgen, denen das Attribut Belletristik zukam. Er war zutiefst davon überzeugt, die dunklen Wolken, die mit der sozial-liberal verantworteten Bildungsreform der siebziger Jahre am Himmel mit bedrohlichem Wetterleuchten aufgezogen waren seien für unsere Leitkultur ein Menetekel des Niederganges. Zugleich bedeutete diese Ahnung auch für eine ihrer Subkulturen, die Jagdkultur, eine Gefahr.
 
Dieter Voth schwang sich 1993 auf, um Literaten und andere Kunstschaffende im deutschsprachigen Raum zu versammeln und mit ihnen zu versuchen, eine Tendenz zur Primitivierung aufzuhalten, wie sie ihm lange vor dem Ergebnis der PISA-Studie klargeworden war: den Niedergang des geistigen Niveaus. Für Jägerinnen und Jäger wurde dieses Krisenphänomen vor allem auf der Ebene der Eliten der deutschen Jägerschaft im Ausdruck der Repräsentanten ihrer Verbandsorganisationen im öffentlichen Diskurs (z. B. im Fernsehen) wahrnehmbar. Daß man dem Zeitgeist mit seiner sehr erfolgreich agierenden subversiven Kraft gegen den Gebrauch des Verstandes und gegen den moralischen Charakter der Bürger wenigstens in den Reihen der Jägerschaft in die Speichen greifen könnte, dessen war sich der Medizinprofessor ziemlich sicher. Er entschloß sich, hierzu durch Jagdbelletristik oder andere Werke einen Beitrag im Konzert mit anderen gleich ihm gesonnenen Autoren zu leisten. Er vertraute auf die durch Oswald Spengler (Der Untergang des Abendlandes) bekannt gewordene Regel: Die Menschen glauben, was sie lesen.

 

Aufbruchstimmung mit realisierbaren Ideen
 
Im Vertrauen darauf, für seine Initiative wegen vermuteter Interessengleichheit die volle Unterstützung durch die Jagdverbände und Jagdmedien zu finden, hielt er 1993 auf der Stromburg bei Bingen am Rhein den aus allen Teilen der Republik angereisten Kulturschaffenden die niedergangsbedrohte Lage des Waidwerks vor Augen. Die Anwesenheit bekannter und erfolgreicher Vertreter des Naturschutzes, die für das Waidwerk unabhängig von Verbänden in ihrer Jägereigenschaft hohe öffentliche Anerkennung und Aufmerksamkeit fanden, zeigt die Spannweite des Interesses, das Dieter Voth aktiviert hatte. So referierte der durch spektakuläre Aktionen öffentlich bekannt gewordene Gastronom aus Feuchtwagen, Heiner Sindl, ein schwäbisches Urgestein, über ein erfolgreiches Rebhuhnprojekt. Er kündigte seine Projekte der Verbindung von Jagd und übriger Naturnutzung im ländlichen Raum an und erweckte den Eindruck eines „Alleswenders“ zum Nutzen von Jagd, regionaler Landnutzung und Naturschutz. Seine späteren Erfolge, die z.B. mit Großberichten in der Zeitschrift STERN und anderen weit verbreiteten, sonst jagdfeindlich agierenden Medien unter hoher Anerkennung seiner Initiative gefeiert wurden, zeigen beispielhaft, welcher in der Sache unterschiedliche, im Ziel einige Geist bei der Initiative des Mainzer Neurochirurgen Dieter Voth 1993 auf der Stromburg die Horizonte von Vorstellen und Denken der Teilnehmer ausleuchtete. Wie rar auch hier das Reservoir von intellektuellen Leitfiguren und vitalen Machernaturen, von herausragenden Jägerpersönlichkeiten und wirklich anerkennenswürdigen geistigen Bezugsgrößen der Jägerschaft gewesen ist, das zeigte die spätere Entwicklung deutlich.

Seite 1 - 2 - 3 - 4 - 5

© Forum Lebendige Jagdkultur e.V. Alle Rechte vorbehalten. - Kontakt / Impressum