Sind denn Fischer und Angler Jäger auf andere Weise?

Wenn doch alles nur so einfach wäre, wie es sich die Fischer oder Angler vorstellen, die zugleich auch Jäger sind! Mancher Weidmann, der zu Lande und zu Wasser jagt/fischt verbreitet in Abhandlungen zu seiner Weid in Jagd- bzw. Anglerzeitschriften die Auffassung, sein Motiv, Lebewesen zu Lande bzw. zu Wasser verfolgen und fangen bzw. erlegen zu können entspringe derselben emotionalen Quelle seiner Seele. Die Ausdrucksformen, die Ziele und Zwecke von Fischerei und Jagd seien auf den meisten Tätigkeitsfeldern vergleichbar. Ist das wirklich so?

In einem problembezogenen Beitrag von Kurt Zick in der Zeitschrift „Fischer & Teichwirt“ legt ein bekannter und angesehener Fischer und Naturschützer eine m. E. beachtenswerte Abhandlung vor, die in den wesentlichen Auszügen nachfolgend dargeboten werden soll. Der Verfasser ist Fischereiberater und Naturschutzbeirat der Kreisverwaltung des Ilmkreises.

Das Thema soll zunächst aus dem Aspekt einer kulturellen Fragestellung seine Beachtung finden, indem wir nachforschen, seit wann denn überhaupt Menschen sich mit Jagd und Fischerei/Angeln in geistesgeschichtlich erwähnenswerter Weise beschäftigen.

Historisch erste Begriffsdefinition für Jagd/Fischerei und Angeln

Vor mehr als 2000 Jahren hat sich Platon (427 – 347 v. Chr.) in der Abhandlung „Der Sophist“ mit dem Problem einer Jagddefinition zu Erkenntniszwecken (dialektische Methode, „Dihairesis“) auseinandergesetzt und erstmals in der Geschichte eine begriffliche Bestimmung für Jagd geleistet: Jagd ist demgemäß die „Kunst der Bemächtigung“, modern gesprochen: ein Machttrieb. Mit dialektischer Methode setzten sich Platon und seine Gesprächspartner (heute nennt man eine solche Runde "kompetente Diskursteilnehmer") zu den elementaren Begriffsbestimmungen von Jagd und Fischerei auseinander. In einem Dialog, der gegen die damals populistisch erfolgreiche Sophistik gerichtet war, führt Platon folgendes aus. In einem ersten Ergebnis stellen Platon und seine Dialogpartner grundsätzlich fest: Alle Menschen streben nach Ressourcen und wenden dabei unterschiedliche Methoden („Erwerbskunst“) an. Gehen die Menschen offen vor, dann nennt man das Kampf mit und gegen ganz unterschiedliche Bezugsobjekte (gg. Natur, Tiere oder andere Menschen usw.). Gehen die Akteure „versteckt“ vor, dann nennen wir das Jagd. Man kann nach unbelebten, aber auch nach belebten Objekten jagen. Letztere Tätigkeit nennt Platon die Lebewesenjagd. Nach ausführlichen Betrachtungen dazu, wie Jagd, Fischerei und Angeln praktisch betrieben werden (z. B. durch Verwunden, Fang usw.) gelangt Platon zu einem Resümee:
„Denn von der Gesamtheit der Kunst war die eine Hälfte die Erwerbskunst, von der Erwerbskunst aber die Kunst der Bemächtigung, von der Kunst der Bemächtigung die Jagd, von der Jagd die Lebewesenjagd, von der Lebewesenjagd die Wassertierjagd, von der Wassertierjagd aber der ganze von unten abgeschnittene Teil der Fischfang, vom Fischfang wiederum die Verwundungsjagd, von der Verwundungsjagd aber die Hakenfischerei.“ (Redaktionelle Anmerkung: Gemeint ist ganz allgemein das Angeln).

Wir sehen aus alledem, daß Platon erkenntnistheoretisch die Jagd und das Angeln/Fischfang mit dem Wort „Lebewesenjagd“ einheitlich auf den Begriff bringt und beide Arten, in denen sich der auf Ressourcenerwerb gerichtete menschliche Machttrieb ausdrückt und vollzieht, unter dem Jagdbegriff subsumiert.
Literaturbezug/Quelle: Platon: Der Sophist, Felix Meiner Verlag, Hamburg

Seite 1 - 2

© Forum Lebendige Jagdkultur e.V. Alle Rechte vorbehalten. - Kontakt / Impressum