Zum 125. Geburtstag und 60. Todestag bietet St. Leonhard am Forst Gedenkveranstaltungen an Friedrich Freiherrn von Gagern

Von der niederösterreichischen Marktgemeinde St. Leonhard am Forst werden bis November 2007 Gedenktage mit Erinnerungsveranstaltungen an den renommierten Jagdschriftsteller Friedrich Freiherr von Gagern durchgeführt. Wohl als erster Autor der Jagdbelletristik hat F. von Gagern wie kein anderer vor ihm eine neue Form der Mensch-Tier-Beziehung im jagdlichen Kontext problematisiert. Das Tier im Selbstwert seines Daseins und zugleich mit seinem Leben als Objekt der Jagdpassion, als Beute also auf zwei Ebenen, der körperlichen und der seelischen menschlicher Existenz wahrzunehmen: Das war in der Tat neu! Schuldgefühle des Jägers im Angesichte des Todes, den er dem Wildtier bringt, anklingen zu lassen, die Omnipotenz des Menschen über Schöpfung und Geschöpfe bewusst in Frage zu stellen: Das war für viele Jäger im deutschsprachigen Raum zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedenfalls eine Revolution ihres Selbstverständnisses.

Bekannt sind Gagerns Selbstzweifel, die ihn beim Verweilen und Blick in die brechenden Lichter (Augen) am soeben gestreckten Stück fragen lassen: Darf ich das tun ? Mit der Wahrnehmung und dem Bewusstmachen der Begegnung bzw. Überschneidung seelischer Flutungen des Jägers mit jenen des Tieres hat von Gagern eine sittlich höhere Form der Jagdausübung auf den Weg gebracht, die nicht zuletzt auch im heutigen Verständnis der Weidgerechtigkeit ihren Sinn und Niederschlag gefunden hatte.

Es ist das schätzenswerte Verdienst des FLJ-Vorstandes Ing. Herbert Rosenstingl, im originären Sinne lebendiger Jagdkultur bei der Marktgemeinde St. Leonhard am Forst (Träger und Ausrichter der Erinnerungstage an F. von Gagern) die Gedenkveranstaltungen 2007 an von Gagern aus Anlaß dessen 125. Geburtstages und 60. Todestages auf den Weg gebracht zu haben. Der Schriftsteller wohnte und jagte von 1927 bis zu seinem Tode 1947 in dieser Region. Der Initiator Ing. Herbert Rosenstingl verantwortet auch eine Ausstellung im Schloß von St. Leonhard. Dort werden bis Ende Oktober 2007 Exponate aus dem Besitzt des Freiherrn von Gagern dargeboten ( Jagdwaffen, Gemälde, Gegenstände des häuslichen Milieus, Trophäen).

Universitätsprofessor Dr. Bruckmüller leitet am 5. bis 7. Oktober im Rahmen der Gedenktage an F. von Gagern eine Studienfahrt zum Schloß Mokritz, Gagerns ehemaliger Heimat und Ort zahlreicher Jagderzählungen in seiner Belletristik. Anmeldungen zur Teilnahme nimmt der Veranstalter entgegen (+43027562518). In Gagerns Revier, das der Schriftsteller bis zu seinem Tode bejagte, findet am 15. November 2007 eine ganztägige Gedächtnisjagd mit anschließender Streckenlegung statt.

Biografie

Hineingeboren 1882 in den Adel der österreichisch-ungarischen Monarchie im Schloss Mocrice (Krain) war dem jungen Friedrich Freiherrn von Gagern jeder nur denkbare Weg offen, seine Zukunft zu gestalten.

Er entschied sich für die Jagd und schuf aus ihr heraus Aufsehen erregende literarische Werke, die seine universelle humanistische Bildung widerspiegeln. Schon mit jungen Jahren redigierte er um die Zeit der ersten Weltjagdausstellung 1910 in Wien die "Hugo'sche Jagdzeitung", die erste und älteste des deutschen Sprachraumes – von seinem Revier in Krain aus.

Sein Lebensweg führte ihn von Mocrice über Thurn am Hardt nach Schönbriese im jetzigen Polen, wo seine beiden Söhne Falk und Axel geboren wurden, weiter nach Deutschland, wo er als Thomas - Kantor und Organist in Leipzig tätig war, immer wieder schreibend, wobei seine Werke auch für heutige Verhältnisse sehr hohe Auflagen erreichten, bis er seinen Ruhepol im Haus Geigenberg bei St. Leonhard am Forst fand. Zahlreiche Werke entstanden auch dort und sein jagdliches Vermächtnis "Die grüne Chronik" erhielt hier den letzten Schliff. In den Landschaften rund um St. Leonhard am Forst jagte er als angesehener Edelmann mit den einheimischen Jägern, bis am 15. November 1947 sein Lebenslicht erlosch.

Die Gemeinde widmete ihm ein Ehrengrab und ein Denkmal im Park.

 

Jagdorden und ihre soziokulturelle Bedeutung

Europäisches Jägerethos und der Geist von Saint – Hubert

Alle europäischen Jägerinnen und Jäger, für die Jagdkultur nicht bloß eine Art geistige Firnis über der Rohigkeit ihrer oft triebgeleiteten jagdlichen Aktivitäten bedeutet kennen die Kathedrale von Saint – Hubert in den belgischen Ardennen. St. Hubert, le Capital de la Chasse, wie das Städtchen am Fuße der gewaltigen dreischiffigen, einen hoheitsvollen Eindruck vermittelnden Basilika gleichen Namens auch von Nichtjägern ehrfurchtsvoll bezeichnet wird, ist Sitz des einzigen hier domizilierten Jagdordens: Confrérie Internationale Les Compagnons de St. – Hubert a.s.b.l.

Nun existieren in Europa mancherlei Jagdorden dieser Art. Jene, die sie geistig tragen und als ein Kulturgut sui generis begreifen sind im Lebensalter häufig der Bahre näher als dem Fuchs einer Burschenschaft. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, daß die Mitglieder solcher Orden nicht bloß über respektable Ressourcen verfügen, sondern auch solche Qualitäten besitzen, die wir bei jungen Menschen oft bloß in höheren soziokulturellen Schichten anzutreffen gewohnt sind: Ehre, Anstand, Sitte und Verpflichtung gegenüber Normen und Werten als Ausdruck einer schätzenswerten Gesinnung. Genau solche Charaktereigenschaften sind das, was wir meinen, wenn wir das Wort Weidgerechtigkeit mit der Vorstellung Jägerethos verbinden. Sogar Ritterorden aus früheren Jahrhunderten werben z.B. in Jagdzeitschriften um betuchte Aspiranten, die Ordensbrüder bzw. Ritter zu werden sich gedrängt fühlen. Von solchen, sich elitär gerierenden Institutionen soll hier aber (besser) nicht die Rede sein.

Mitte: FLJ-Mitglied Dipl. Ing. Herbert Rosenstingl

Das jährliche Treffen der Ordensmitglieder in St. Hubert erfolgt am Samstag nach Christi Himmelfahrt. Dieses Ordenskapitel wird mit einem feierlichen Hochamt in der Basilika zelebriert. Anschließend begleiten die Ordensbrüder mit ihren Festgästen die erschienen Ordensaspiranten zum Prunksaal des Jagdschlosses (Converserie). Hier erhalten die Newcomer des Ordens, die künftigen Compagnons de la Confrérie de Saint – Hubert vor den in grünen Stolen gewandeten „grands dignitaires“ (s. Bild unten) in einem feierlichen Zeremoniell den Ritterschlag. Sie leisten dabei den Eid auf den Ehrenkodex des Compagnons de Saint – Hubert: Eine Verpflichtung, die jedes Mitglied bei Eintritt in den Orden unter Beteuerung seines Ehrenwortes übernimmt.

1. Bei allen Gelegenheiten jederzeit ein vorbildlicher Jäger zu sein.

2. Das Wild und seine Umwelt zu schützen, und die eigenen Gesetze der Jagd zu achten.

3. Am Schutz der Fauna, der Flora und der Natur im allgemeinen aktiv mitzuwirken sowie die Interessen der Jagd zu verteidigen.

4. Sich den von den Nationen akzeptierten und respektierten Geboten zur Wahrung und zum Schutz der weidmännischen Tradition zu unterwerfen.

5. Sich einer strengen im Sinne des Ehrenkodex freiwillig zugestimmten Disziplin zu unterwerfen, um unseren Nachkommen ein intaktes weidmännisches Kulturgut zu hinterlassen.

6. Unter den „Compagnons de Saint – Hubert den Geist der Brüderlichkeit, der gegenseitigen Hilfe und des Friedens zu fördern und zu bewahren.

Compagnons de Saint – Hubert

Mit zur Zeit 170 Mitgliedern ist die erwähnte Bruderschaft der Compagnons de Saint – Hubert in Belgien, Deutschland, Holland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen und Österreich vertreten. Jährlich an den Septemberwochenenden veranstaltet der Orden die Internationalen Jagdtage in St. Hubert. An dem Pontifikalamt in der Basilika nehmen Jägergruppen mit Meutehunden und Falken teil. Das bunte Bild wird akustisch durch die Parforcehornbläser abgerundet. Wer nicht fest im Sattel der traditionell engen Verbindung von christlicher Religion und Jagdwesen sitzt, wer also das kulturelle Bewusstsein nicht besitzt, in dem die Verschränkung der gewachsenen Kulturgüter Jagd und Christentum wie selbstverständlich enkodiert sind, der kann leicht den Eindruck einer folkloristischen Veranstaltung gewinnen, die dabei anzutreffende Touristenströme anlockt.

Parforcehornbläser in der Basilika von St. Hubert

Die soziokulturelle Bedeutung dieses Jagdordens lässt sich aus dem oben näher dargebotenen Ehrenkodex der Mitglieder ablesen. Jäger, für die es wie selbstverständlich ein point d`honneur ist, gemäß diesem Kodex sowohl zu jagen als auch, allgemeiner in den Blick genommen, dergestalt als Mensch in der Welt zu sein, sind Menschen mit Persönlichkeitsmerkmalen, wie wir sie bei führenden Politikern gern sähen, bedauerlicher Weise aber nur selten antreffen bzw. voraussetzen können. Unter der Voraussetzung, daß das, was mit dem Kodex auf die individuelle Ehre genommen wird sich dann auch im praktischen Leben und auf der Jagd wieder findet, unter solcher Prämisse können wir die Subjekte des Ordens als jagdmoralische Eliten, kurz: als kulturelle Jägereliten verorten. Es sind „Gesinnungstäter“ im wahren Wortsinne!

Gesinnung, was ist das schon? So fragt heute mancher in Politik und Gesellschaft oder im Olymp der Jagdverbände, der es vorzieht, die normative Kraft des Faktischen an der Stelle des Gewissensentscheides zu etablieren. Manche haben von dem, was Gesinnung ist eine ebenso schwammige Vorstellung wie von jenem Inhalt, der die Weidgerechtigkeit umnebelt. Die weidgerechte Gesinnung wird dann zur Sprechblase dekapitiert. Deshalb zur begrifflichen Klarheit für jedermann die konnotative Deutlichkeit des Begriffs Gesinnung in Absicht praktischer Verwendung als diskursiver Begriff:

Die Gesinnung ist das Bezogensein der Person auf Normen und Werte.
Der Begriff ist semantisch eigentlich neutral und erfährt erst durch eine Präposition seine moralische und faktische Richtung. Beispiele: Die gute, anständige, noble bzw. (ihr Gegenteil) die schlechte, „miese“ und, wie der Volksmund es formuliert, die „dreckige“ Gesinnung. Nach der Gesinnung handeln setzt also einen Gewissensentscheid voraus. Einfach haben es jene, und sie kommen oft besser durch’s Leben, die über die Qualität Gewissen nicht verfügen und folglich für Martin Luthers Diktum in einer heiklen, lebensgefährlichen Situation „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ kein Verständnis aufzubringen vermögen.

Der Ehrenkodex der Mitglieder des Jagdordens von St. Hubert ist auf positive Normen und Werte einer ökologischen Ethik gerichtet, und das Subjekt anerkennt diese als Orientierungsgröße. Hier zeigt sich lebendige Jagdkultur von ihrer besten Seite! Nur schade, daß die Jäger, wie es den Anschein hat, für solche Reife ihrer Persönlichkeit erst ziemlich alt werden müssen.

Feierliches Zeremoniell anläßlich des jährlich begangenen Ordenskapitels





„Wer führt in die jagdliche Zukunft?“

Mit diesem programmatischen Leitgedanken werden die inzwischen bundesweit beachteten Fisch- & Wildtage (2. bis 6. November 2005) im schwäbischen Feuchtwangen eröffnet. Die Veranstalter haben unter der Ägide des jagdpolitisch mit spektakulären Aktionen erfolgreich hervorgetretenen Gastwirtes Heiner Sindel (vgl. auch FLJ-Website unter: „Der Verein“, Seite 1 im Abschnitt „Aufbruchstimmung mit realisierbaren Ideen“) ein Kompetenzteam zu einer Diskussionsrunde versammelt, das die Meinungspluralität auf dem mit dem Titel dargebotenen Feld repräsentiert: Den Diskussionsteilnehmern, die das Waidwerk im Kontext von Natur- und Umweltschutz vertreten, geht es diskursiv um die Erfolg versprechenden Leitideen und ihre kulturellen Träger, um solche Persönlichkeiten bzw. Organisationen, die bereit und fähig sind, die Jagd ganz allgemein und speziell die Interessen der Jäger innovativ-kompetent, mit sicherem jagdpolitischen Instinkt und mit einem gesellschaftlich akzeptierten Jagdnutzungsmodell in die Zukunft zu führen. Andere bekannte und mit ihren Argumenten beachtete Diskutanten vertreten eine hierzu kontroverse Position aus dem übergeordneten Aspekt von Tier- bzw. Naturschutz, von Forst- und Landwirtschaft oder Umweltschutz allgemein. Professor Schlagheck als hochrangiger Vertreter der Bundesregierung im relevanten Ressort diskutiert aus dem Aspekt regierungsamtlicher Jagd- und Umweltpolitik. Weitere Akteure der Runde sind Vertreter in-und ausländischer Jagdzeitschriften, die Zeitschrift STERN und als Vertreter engagierter privater jagdpolitischer Organisationen Moritz Fürst zu Oettingen-Wallerstein sowie andere Bezugsgrößen der genannten Sachgebiete.

Da die Zukunftsfähigkeit der Jagd vor allem aus dem Aspekt jagdkultureller, d.h. kulturpolitischer Gewichtung überhaupt nur in den Blick genommen werden kann, haben die Veranstalter auf die Anwesenheit eines kompetenten Vertreters des Forum-Lebendige Jagdkultur e.V. in besonderer Weise wert gelegt. Im Bericht zu dieser Podiumsdiskussion informieren wir über deren Verlauf und die dabei gegebenenfalls erarbeiteten Ergebnisse.

Das Programm bietet mit seinen Akteuren aus Handel, Handwerk, Gewerbe und vor allem mit den Repräsentanten der bodenständigen regionalen Nahrungsmittelproduktion einen mannigfaltigen Einblick in die Modi der über Sindels Rebhuhnprojekt weit hinausgewachsenen Verbindung der Tier- und Naturschutzidee mit der praktischen Vorstellung von Jagd in konsumativer Breitenwirkung: Über die unmittelbare Nutzung von Wild, Holz, Getreide und anderen Landesprodukten aus dem regionalen ländlichen Raum bis zu Geräten und Maschinen, die eine professionelle handwerkliche Arbeit ermöglichen (Waffen, Messer, Landmaschinen, Fischereigeräte usw.) vermitteln die Akteure der Veranstaltung den Besuchern intimen Einblick in die Innenseite ihres Handwerks. Sie begegnen Ausdrucksformen einer sich ergänzenden und verstärkenden Wechselwirkung bei der Nutzung unterschiedlicher natürlicher Ressourcen. Die Jagd offenbart so ehrlich in ihrer funktionalen Daseinsweise ihre Eigenschaft als Naturnutzung ohne sich ängstlich hinter die wenig glaubwürdige Schutzbehauptung zurückziehen zu müssen, Jagd sei Naturschutz. Interessenten können sich im Internet ein Bild von der Organisation vermitteln lassen, die Träger dieser Veranstaltung Anfang November 05 in Feuchtwangen ist: www.artenreiches-land.de oder telefonisch direkt Kontakt aufnehmen: 09852-1381.

Folgerichtig stellt deshalb auch die Jagdzeitschrift Wild und Hund mit Blick auf den jagdpolitisch erfolgreichen Ansatz der Organisation begeistert fest: „Naturschutz, der durch den Magen geht, initiiert von den Jägern - glaubhafter geht’s nicht. Essen und Trinken für den Artenschutz, das kommt beim Verbraucher an, auch wenn es nur eine Nische ist.“(WuH-Nr. 17, S.38)

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