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Jagd als Lebensform Zur Kultiviertheit des Menschen gehören Lebensplan und Lebensentwürfe. Innerhalb ihrer bestehen normalerweise Lebensformen mit unterschiedlichem Gewicht. Nicht für alle Menschen, die gelegentlich auch jagen bedeutet die Jagd eine Lebensform, wie nicht z. B. für alle Menschen, die ab und zu einen Dauerlauf zur Förderung der Gesundheit unternehmen, sich im übrigen aber wenig sportlich betätigen Sport eine Lebensform ist. Erst dann, wenn Verhaltensimpulse aus dem Innen des Menschen, also anlageverursacht zur Verwirklichung drängen, beeinflussen sie emotional geleitet Lebenspläne und Lebensentwürfe. In solchem Fall kann dann von Lebensform gesprochen werden. Lebendige Jagdkultur hat nicht bloß mit der Natur im Sinne von Ökosystemen, deren Funktion und Inhalt (z. B. Tiere) zu tun, sondern auch mit der Natur des Menschen. Jagd als Lebensform blickt auf die Natur der Natur des Jägers. Viele Jäger versuchen, Ihre Jagdleidenschaft mit einer Art Beutetrieb zu begründen. Danach gefragt, weshalb denn dieser Trieb nur wenige Menschen motiviere und man sogar feststellen könne, daß bei Zwillingsgeschwistern das Eine Jagdpassion besitze während das Andere keinerlei Regung dieser Art verspüre bringt Jäger oft dazu, die ganze Angelegenheit mit einem Atavismus (von lat. Ataver= Urvater) zu erklären. Solche Atavismen gibt es noch oft auf verschiedenen Gebieten im biologischen Bereich, wenn z. B. nach mehreren Generationen mit normaler Körperbehaarung plötzlich ein männlicher Nachkomme behaart ist wie ein Affe. Warum soll das nicht auf der emotionalen Seite denkbar sein, weshalb sollte also nicht ein Urtrieb wieder durchschlagen und menschliche Lebensformen beeinflussen können?
Motiverklärung aus dem Dunkel des Unbewußten Eine jüngere wissenschaftliche Untersuchung hat gezeigt, daß die Jagdmotivation nicht etwa auf einem biologisch zu verortenden Urtrieb oder auf einer biologisch zu erklärenden Vitalanlage beruht, sondern auf einem kulturellen Elementartrieb. Die Schwierigkeit, diesen Zusammenhang aufzuzeigen und nachvollziehbar zu erklären liegt in dem jenseits unseres bewussten Erfahrens im Gehirn angesiedelten Ort, dem Sitz unserer Gefühle (Emotionalität). Wir sind nicht in der Lage in unser „Unterbewusstsein“ hinab zu steigen, um nachzuforschen oder gar zu erkennen, worin die Ursachen unserer Emotionalität liegen. Jene, die für Jagdmotivation verantwortlich sind liegen weit zurück im Beginn der Kulturevolution. Sie haften uns aus der Morgenröte der Menschheit an und haben mit Ich-Bewußtsein, Todesbewußtsein und Angst vor dem Tode zu tun. Jagd und Religion schöpfen, wie wir heute wissen, aus derselben Quelle, von der die Kulturmenschheit ausging. Weil das Töten anderer Lebewesen im Jagdvollzug eine wichtige Rolle spielt, und das Erleben des Jägers hierfür zentral motivgestaltend ist, steht der moderne Jäger unter dem Anspruch eines öffentlichen Legitimationsbedürfnisses für sein Tun. Weil weiterhin Jagdhandeln als Bedürfnis der Natur des Menschen entspringt und folglich deshalb auch eine Lebensform zu begründen in der Lage ist, kann die Legitimation nur politisch in der Gesellschaft umgesetzt werden. Politik dieser Art ist Jagd-Kulturpolitik.
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